Biografie: Längere Version

Fritz Zwicky, geboren 14.Februar 1898 in Varna, gestorben 8.Februar 1974 in Pasadena.

Zwicky entstammt einem Zweig der berühmten Molliser Familie, der schon seit Generationen im Ausland wirkte.

Sein Vater war Vertreter von Glarner Textilfirmen und Schweizer Fabrikanten in Varna am Schwarzen Meer und blieb bis fast an sein Lebensende dort. Fritz Zwickyverbrachte nur die ersten sechs Jahre in Varna, hernach besuchte er die Primarschule und die Höhere Stadtschule in Glarus. Nach der Maturität an der Industrieschule (heute Mathematisch-Naturwissenschatliches Gymnasium) in Zürich studierte er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich Mathematik und Physik. Nach dem Doktorat (1922) arbeitete er hier als Assistent, bis er 1925 von der Rockefeller Foundation mit einem Stipendium ans California Institute of Technology in Pasadena geholt wurde. Fortan wirkte er an dieser berühmten Bildungsstätte als theoretischer Physiker, später Astrophysiker. An den Sternwarten von Mt.Wilson und Palomar war er ein erfindungsreicher Astronom. Seiner Heimat fühlte er sich zeitlebens eng verbunden. Er schrieb einmal über sich und seine Vorfahren: "Wir hoffen,der Welt und unserer Heimat dadurch gedient zu haben, indem wir gleichzeitig die Lokalpatrioten und Weltbürger spielten."

Physiker, Astronom und Raketenforscher

1933 erregte er durch seine Deutung der Supernovae als Neutronensterne Aufsehen. Genau wie vorausberechnet, entdeckte er in den Jahren 1937-39 selber ein Dutzend; insgesamt hat er 123 entdeckt. Im Zweiten Weltkrieg widmete er sich dem Zivilschutz in Pasadena, der Raketentechnik und dem Aufbau eines praktischen Hilfsprogramms für kriegsgeschädigte wissenschaftliche Bibliotheken. 1943-49 war er wissenschaftlicher Direktor der Raketenfirma Aerojet und massgeblich an der Verbesserung von Triebwerken und Antriebsstoffen beteiligt; zahlreiche Patente zeugen heute noch davon. Nach dem Ende des Krieges wurde er von höchsten militärischen Stelle auf wissenschaftliche Missionen nach Deutschland und Japan geschickt. 1949 erhielt er für seine Leistungen die vom amerikanischen Präsidenten verliehene "Medal of Freedom". 12 Tage nach dem ersten Sputnik,am 16.Oktober 1957, schoss er das erste Objekt von Menschenhand für immer von der Erde fort.

Morphologie als Totalitätsforschung

Seit den dreissiger Jahren entwickelte er die morphologische Methode. Mit ihr lassen sich auf allgemeine und umfassende Weise die verschiedensten Probleme lösen. Als Grundbedingungen dieser "Totalitätsforschung" nannte Zwicky Vorurteilslosigkeit und Mut. Je nach Problem, das gelöst werden soll, lassen sich etwa ein Dutzend morphologische Methoden unterscheiden,z. B. verschiedene Arten des "morphologischen Kastens" - darunter die "systematische Feldüberdeckung" - oder das Prinzip :"Negation ja,aber nur mit nachfolgender Kostruktion". Die meisten werden seit Ende der 50er Jahre gleichwertig mit Brainstorming und Synectics als Kreativitätsmethoden in Management-Seminaren gelehrt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Zwicky unermüdlich, aber vergeblich versucht, das morphologische Denken und Vorgehen in Zusammenarbeit mit der Kriegstechnischen Abteilung (KTA) auch für die schweizerische Landesverteidigung fruchtbar zu machen. Seine Beziehungen zur Heimat wurden immer enger. Er hielt zahlreiche Gastvorträge, unter anderem an der ETH und Ende der 50er Jahre im Rahmen der Migros-Klubschule. An internationalen Kongressen war er ein gern gesehener, ideensprühender Referent, der über neue Theorien, die Suche nach Supernovae und Kompakte Galaxien sowie über den "Marsch ins Weltall" und mögliche Tätigkeiten auf dem Mond berichten konnte. Für seine Verdienste um die Erforschung des Himmels erhielt er 1972 die Goldmedaille der Royal Astronomical Society in London. Diese Auszeichnung entsprach damals dem Nobelpreis für Astronomen.

Über 500 Publikationen

Von seinem Schaffenseifer zeugen über 500 Publikationen, darunter auch sehr persönlich gehaltene Bücher wie "Morphological Astronomy"(1957), "Entdecken, Erfinden, Forschen im morphologischen Weltbild" (1966) und "Jeder ein Genie"(1971). Mehrere kosmische Objekte und technische Erfindungen tragen seinen Namen. Internationale Anerkennung erfuhr er von Brasilien über Russland bis China. In seinem Todesjahr wurde er in die "Brockhaus Enzyklopädie" und in die "Encyclopaedia Britannica" aufgenommen. "Meyers Enzyklopädisches Lexikon" von 1979 bezeichnet ihn als "einen der bedeutendsten Astrophysiker des 20.Jahrhunderts".

Aufbau einer lebenswerten Welt für alle

Wissenschafter durch und durch, waren ihm humanitärer Einsatz und Völkerverständigung zentrale Anliegen. Er verstand seine Morphologie auch als Mittel zum Aufbau einer demokratischen, friedlichen und lebenswerten Welt für alle. Kurz bevor er für immer in die Schweiz zurückkehren wollte, starb er am 8.Februar 1974 in Pasadena. Die ein Jahr zuvor in Glarus mit Unterstützung der Regierung des Kantons Glarus und der Gemeinde Mollis ins Leben gerufene "Fritz-Zwicky-Stiftung" verwaltet zusammen mit der Landesbibliothek Glarus seinen Nachlass. Sie bemüht sich insbesondere auch um die Förderung und Verbreitung der Morphologie. Acht Schriften einer Schriftenreihe sind bereits erschienen.

Literatur:

  • Fritz Zwicky: Morphologische Forschung.Winterthur 1959, Neuaufl. Glarus: Baeschlin 1989.
  • Fritz Zwicky: Morphology of Propulsive Power. Pasadena/Zürich 1962.
  • Roland Müller: Fritz Zwicky. Leben und Werk des grossen Schweizer Astrophysikers, Raketenforschers und Morphologen. Glarus: Baeschlin 1986.
  • Alfred Stöckli/Roland Müller: Fritz Zwick, Astrophysiker, Genie mit Ecken und Kanten. Zürich: NZZ Verlag 2008