Definitionen
Aus: Schweizer Lexikon 1992.

Morphologie

griech. »Lehre von der Gestalt«],Teilgebiet der Anatomie bei Pflanzen, Tier und Mensch, eine vergleichende Betrachtung sowohl der makroskopischen (grober Aufbau der Organe) wie auch der mikroskopischen Dimension (Histologie).
Die Morphologie  setzt verwandtschaftliche Fragestellungen voraus. Unterschiedliche Grade der Verwandtschaft (Stammesgeschichte) gehören zu einer morphologischen Untersuchung. Damit ist Morphologie unter Einschluss der Paläontologie auch wichtiger Bestandteil der Erforschung der Evolution.
Verwandte Organismen sind nach einem gemeinsamen Bauplan aufgebaut. Organe, die sich in der Körperlage, im inneren Aufbau und in den embryonalen Entwicklungsvorgängen entsprechen, werden als homolog bezeichnet, ungeachtet einer möglichen anderen Funktion. Danach sind der Vogelflügel und der Menschenarm trotz verschiedener Funktionen homolog; sie entstehen aus der entsprechenden embryonalen Anlage. Im Gegensatz dazu bedeutet die Analogie eine funktionelle Entsprechung; Flügel von Insekten und Vögeln sind analog, denn sie dienen derselben Funktion. Da diese Tiere aber nicht verwandt sind, besteht keine strukturelle Entsprechung.

Bis in die 1950er Jahre war die idealistische Morphologie verbreitet. Organe verwandter Organismen wurden ungeachtet ihrer Funktion untersucht und im Sinne von morphologischen Reihen interpretiert. Neuerdings werden jedoch funktionelle Aspekte in morphologische Betrachtungen eingebaut, da Evolution verwandter Tiere mit strukturellen und funktionellen Wandlungen gleichermassen zu tun hat.
Ein wichtiger Fachbereich der vergleichenden Morphologie ist die Embryologie, denn Organe verwandter Tiere lassen sich bei Embryonen besser vergleichen als im ausdifferenzierten Zustand. Bedeutende Schweizer Morphologen sind: W. His, R. Burckhardt, A. Naef und A. Portmann.

in der Wissenschaftstheorie die flächerübergreifendeStrukturwissenschaft. Formal- oder Strukturwissenschaften sind einerseits Philosophie (insbes. Wissenschaftslehre und Methodenlehre) und Mathematik, andererseits zahlreiche neuere interdisziplinäre Ansätze wie Kybernetik, System- und Modelldenken, Planungs-, Projekt-, Problemlösungs- und Kreativitätsmethoden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie in allen Wissenschaften angewandt werden können und auch in der beruflichen wie alltäglichen. Praxis nützlich sind.
Seit 1930 entwickelte der am California Institute of Technology tätige Glarner Astrophysiker F. Zwicky (*1898, U1974) Ideen zum systematischen Vorgehen und zur Problemlösung unter dem Namen Morphologie. Er wandte diese Methode zuerst im 2. Weltkrieg auf ein Bücherhilfeprogramm für kriegsgeschädigte Bibliotheken in aller Welt, auf den Zivilschutz in Pasadena und zur Entdeckung verschiedener Formen von Triebwerken an.
Je nach Problem, das gelöst werden soll, lassen sich etwa ein Dutzend morphologische Methoden unterscheiden, z.B. verschiedene Formen des morphologischen Kastens - darunter die systematische Feldüberdeckung - und das Prinzip Negation ja, aber nur mit nachfolgender Konstruktion. Die meisten werden seit Ende der 50er Jahre gleichwertig mit Brainstorming und Synectics als Kreativitätsmethoden in Management-Seminaren gelehrt.
Seit 1973 bemüht sich auch die Fritz-Zwicky-Stiftung (Glarus) um ihre Förderung. Aus der »Morphologischen Gesellschaft Zürich«, 1956 gegründet von P. Dubach und H. Holliger, ging 1983 die »Allgemeine Morphologische Gesellschaft« hervor.

Literatur

  • Zwicky, F.: Morphologische. Forschung, Winterthur 1959, Neuauflage. Glarus 1989:
  • ders.: Morphology of Propulsive Power, Pasadena / Zürich 1962:
  • ders.: Entdecken, Erfinden, Forschen im morphologischen Weltbild, München 1966, Neuauflage Glarus 1989.